Aufruf : 27/04/2013 – Avignon (Südfrankreich) Besetzungs-Demo

Unter « Impressions » findet ihr den Aufruf sowie ein Plakat auf deutsch.

April 27 – Avignon, Südfrankreich

BESETZUNGS-DEMO und viertägiges Camp

 

Gegen die LEO (große, doofe, geplante Straße) und ihre Welt !

Für den Erhalt landwirtschaftlicher Fläche in der „ceinture verte“ (grüner Gürtel)

(Camp Samstags bis Mittwoch in der „ceinture verte“)

Demobeginn Samstag 27 April 10 Uhr Place Pie. Zwischenkundgebung 11 Uhr Jardin de l’abbaye St Ruf

Kontakt : leopart@riseup.net

Aufruf von Individuen im Kampf gegen LEO, lokalen Kollektiven und der Bewegung „Reclaim the Fields“!

 

– Avignon lechzt nach Metropole

 

Seit dreißig Jahren liegen die Baupläne wohl verwahrt in einer Schublade. Und anstatt die Schlüssel in die strahlende Rhone zu werfen kommen sie Phönix gleich wieder hervor. Es geht um LEO, eine große Straße. Eine Umgehungsstraße. Eine Verbindungsstraße (Liaison Est-Ouest). Es geht um viel Beton, Äcker und Gärten, bäuerliche Strukturen und die armen Armen. Es geht um Bioökonachhaltigkeit, Kontrolle, Gentrifidingsbumms und vielleicht einen ganzen Batzen Freiraum. Die Entscheider_innen wollen die Autobahnen A7 und A9 verbinden, die eine Richtung Italien via Marseille (Kulturhauptstadt 2013), die andere Richtung Spanien. Beides wichtige Strecken für den Transport von Gemüse aus den Plastikmeeren der Peripherie Europas. Das Projekt ist in drei Trassen unterteilt, wobei die Erste schon realisiert wurde. Zusammen mit einem in kühlem Glas-Stahlbeton gehaltenem TGV Bahnhof hat sie hunderte Hektar guten Bodens versiegelt und eine andere Art von Leben gleich mit. Das passierte nicht ohne Widerstand und voller Respekt erwähne ich die Besetzung eines Gebäudes der SNCF (fr. Bahn) bei der es Computer aus den Fenstern rieselte. Bis vor kurzem dachte kaum noch jemand an die beiden folgenden, Milliarden schweren Projekte. – aber im März 2012 gelang es Gelder aus den verschiedenen Struktur- und Entwicklungstöpfen zu mobilisieren und seit dem geht es rasant in die falsche Richtung. Im Februar diesen Jahres ist die Enquete publique pacelaire über die Bühne gelaufen und die ersten Menschen sind enteignet worden. Bis September sollen alle Gelände in den Händen des Staates sein und so lange dürfen Mensch und Tier noch bleiben wo sie sind. Die vierspurige Straße soll durch die ceinture verte, den grünen Gürtel Avignons verlaufen. Sie wird direkt 50 ha zerstören und weitere Baupläne liegen bereit. Zum Beispiel für eine Niedrigenergiehaussiedlung. Die eingesparte Energie kann dann gleich in einen Ausflug in den nächsten Biosupermarkt und den Kauf von Biotomaten aus El Ejido investiert werden. Ein Gebiet was im Süden an die Durance grenzt und im Norden an die in Frankreich so typischen Hochhäuser die wir aus den Bildern der Riots 2005 und 2007 kennen. Die Viertel sind nicht so derbe wie in Paris oder Marseille aber mit der gleichen Logik der Ausgrenzung. Obendrein dienen sie als Argument für die Umgehungsstraße. Und es stimmt, die Bewohner dieser Viertel der Umgehungsstraße leiden stark unter dem Schwer- und Berufsverkehr. Aber es ist zynisch zu behaupten, man baue die LEO für diese Menschen. In zehn Jahren wird das Gebiet wohl aufgewertet und gentrifiziert sein. Und die nächste Generation wohnt an der nächsten Peripherie der nächsten Umgehungstrasse. Kreisrund und jedes mal ein größerer Radius Beton mit sich ziehend.

– Gegen die LEO und ihre Welt

 

Der Kampf in Notre-Dame-des-Landes gegen den Flughafen in der Nähe von Nantes zeigt wie erfolgreich und wichtig Landbesetzungen sein können. Sie eröffnen Freiräume, spinnen Netzwerke, bauen Baumhäuser und sehen verdammt gut aus. Auch wenn einem der Matsch bis zu den Kniekehlen geht und mensch der Salat vertränengast wird. Trotz massiver Repression geben die Freund_innen vor Ort nicht auf und schaffen es Zehntausende auf die Straße zu bringen und landesweit Unterstützungskomitees zu gründen. An vielen Wänden ließt mensch Grußbotschaften und immer wieder werden Autobahnzahlstellen geöffnet um das nötige Kleingeld beisammen zu bekommen und dem Bauherren VINCI etwas auf die Finger zu hauen. Der ist nämlich nicht nur Betreiber von Autobahnen und Parkplätzen, beides äußerst rentabel, sondern liefert auch Beton nach Tschernobyl um zu zeigen, dass AREVAS Produkte in allen ihren Auswirkungen beherrschbar sind. In Avignon sind die Zeichen der Zeit noch nicht entschlüsselt worden und so gehen die Enteignungen in der ceinture verte weiter und die Bauarbeiten sollen 2014 beginnen.

 Dagegen gehen, pflanzen und tanzen wir vor.

Wir laden euch herzlich ein in den Süden zu kommen und am 27. April die Eröffnungsdemo mitzugestalten. Der Demo werden diverse Besetzungen folgen, allen voran wollen wir ein kollektives Gartenbauprojekt auf einer der bedrohten Flächen installieren. Während fünf Tagen gibt es Campleben auf einer Freifläche mit Baustellen, Workshops, Diskussionen, Filmen, Musik und so weiter und so richtig laut. Wir wollen aus diesen Tagen eine Etappe hin zu einer breiten Bewegung machen. Einer Bewegung die sich Ländereien gegen die Ökonomisierung jeglicher Lebensbereiche zurück nimmt und sie bewirtschaftet. Ihr könnt ohne Probleme schon am Freitag aufs Camp kommen, Hand mit anlegen und ein veganes Essen teilen.

– Die LEO, ein Projekt in Diensten der Vermarktung der Stadt

 

Aus Avignon soll eine Marke werden. Soll sich verkaufen. Denn im 21. Jahrhundert hat sich auch ein Markt zwischen Städten etablieren lassen. So stehen sie in Konkurrenz zu einander und in Unternehmerlogik sollen sie ihre Standortvorteile heraus putzen und was weder Touristen noch Unternehmer anlockt ist plötzlich anrüchig. Es muss investiert werden, die Attraktivität muss gefördert werden. Wettbewerbsfähigkeit dank innovativer Politik, einen feisten Handschlag dank lokalem Wachstums. Werde Kulturhauptstadt und du erkennst ganze Straßenzüge nicht mehr wieder und du suchst trotz modernster Kameras vergeblich deine alten Nachbarn. Du gehst noch etwas weiter und siehst eine einzige urbane Fläche, ohne Form und ohne Ordnung, eine trostlose, unbestimmte und unbegrenzte Zone, ein weltweites Kontinuum von musealen Hyperzentren und Naturparks, von Großwohnanlagen und riesigen landwirtschaftlichen Betrieben, von Industriegebieten und Siedlungen, von hippen Bars: die Metropole. Aber da wir das bunte Leben lieben, werden wir unser Territorium mit buntem Leben füllen, uns organisieren und gemeinsam eine andere als die Verwertungslogik zur Prämisse unseres Handelns machen. Kurzfristig wird die LEO das BIP, den Güterverkehr und somit den Markt in der Region ankurbeln. Den Verkehr zwischen den kürzlich aufgewerteten Viertel im Süden verflüssigen. Langfristig aber ist die LEO die Pulsschlagader für die Urbanisierung der gesamten Region. Es liegt viel Geld in den zu verspekulierenden Böden und kein noch so subventionierter und industrialisierter Salat kann gegen ein Autohaus von Mercedes Benz Standhalten. Dieses Phänomen kennen wir aus ganz Frankreich. Alle sieben Jahre betonieren wir die Fläche eines Departement.

– Durch Landwirtschaft die Metropole umstülpen

 

Durch die Besetzungen wollen wir deutlich machen wie schwer es ist Land für kleine landwirtschaftliche Projekte oder Gemeinschaftsgärten auf legalem Wege zu bekommen. Denn durch eine Politik die die große Agroindustrie bevorzugt, Ackerland in Konkurrenz zu Bauland setzt und die Entscheidung über den Nutzen dem Geld überlässt opfert eine Nahrungsmittelproduktion die Regional nicht nur auf einem Label stehen hat. Wir wollen unsere Autonomie ausbauen. Selber unser Essen produzieren. Selber entscheiden was wir lernen wollen und das Wissen weitergeben. Uns begegnen, außerhalb der vorgegebenen Schemata. Durch das stetige Verneinen der Transparenz, des Konsums, des Marktes, der Krise, der Konkurrenz, der Reduzierung auf Umwelt, die bleibt wenn mensch alles verloren hat, wollen wir eine Zone wieder beleben. Wir wollen aus Umwelt wieder eine Welt machen in der wir zu Hause sind. Und klingt das nicht nach einem spannenden Experiment? Plötzlich leert sich ein Streifen in der Landschaft. Es gibt Häuser die leer stehen aber in gutem Zustand sind. Gartenflächen wo selbst die Bewässerung noch installiert ist. Obstbaumplantagen die wieder geschnitten werden wollen. Kleine Parzellen mit großen, dem Mistral trotzenden Hecken. Mit gefestigten Strukturen und vielen Neuankömmling_innen. Und das ganze nicht nach einem Super GAU in der nuklearisiertesten Region Europas, sondern weil der Staat sich verspekuliert hat. Wir sehen uns in den Gärten!

WIR LASSEN UNS NICHT KLEIN KRIEGEN. NICHT IN AVIGNON UN ANDERSWO. IM HINBLICK AUF DIE BETONISIERUNG LASST UNS FLÉO SÄHEN*

(* Fabuleux Laboratoire d’Expérimentations et d’Occupation – Fabelhaftes Labor des Experimentieren und Besetzens)

 Praktische Infos zu der Aktionswoche  :

 

– Es ist möglich schon früher anzureisen. Ein Platz zum Zelten und die Vokü sind am Freitag abend geplant. – Kommt, wenn möglich auch schon auf die Demo, mit Werkzeugen zum Bauen, für den Garten und mit Traktoren

– oder was euch sonst so einfällt. – Bringt für das Mittagessen am Samstag den 27ten wenn es möglich ist etwas für ein großes Picknick mit.

– Das Camp wird die ganze Zeit besetzt sein. Es gibt einen Infopunkt, vegane Vokü, einen Frauen-Lesben-Trans Bereich, einen (Kinder-)spielbereich,.

– Lass wenn möglich deinen Hund und das Auto zu Hause.

– Die Gestaltung des Programms für das Camp ist offen jede_r ist eingeladen Ideen einzubringen, lasst uns die Ideen des Widerstandes teilen.